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Biegen ohne Brechen – eine Kapitalgesellschaft der neuen Art?

Die flexible Kapitalgesellschaft (FlexKapG oder auch „Flexible Company“) ist eine neue Form der Kapitalgesellschaft. Sie wurde geschaffen, um Unternehmen mehr Flexibilität bei der Gründung und Verwaltung zu bieten. Seit ihrer Einführung am 1. Januar 2024 hat die FlexKapG jedoch weniger Anklang gefunden als erwartet: Nur etwa 5 % der Neugründungen von Kapitalgesellschaften entfallen auf diese Rechtsform.

Gründe für die bisher zögerliche Nutzung könnten in der noch geringen Bekanntheit der FlexKapG oder in praktischen Unsicherheiten liegen. Daher hier eine kurze Darstellung, was die FlexKapG bietet und welche Vorteile sie Unternehmen bringen kann.
Diese neue Gesellschaftsform vereint Elemente der GmbH und der Aktiengesellschaft. Laut den Gesetzesmaterialien soll sie eine Zwischenstellung zwischen diesen beiden Gesellschaftsformen einnehmen. Sie basiert auf den Regeln des GmbH-Rechts, weicht aber in wichtigen Punkten davon ab. 

 

Die Gründung einer FlexKapG bringt tatsächlich keine wesentlichen Vereinfachungen im Vergleich zur GmbH. Nach wie vor gelten die klassischen Anforderungen für Kapitalgesellschaften. Hier sind die Punkte, die unverändert bleiben:

  1. Notariatsakt für den Gesellschaftsvertrag: Auch bei der FlexKapG ist ein Notariatsakt für die Errichtung des Gesellschaftsvertrags erforderlich.
  2. Eintragung ins Firmenbuch: Die Gründung muss ins Firmenbuch eingetragen werden, was eine notarielle oder anwaltliche Begleitung erfordert.
  3. Mindeststammkapital: Das Stammkapital von 10.000 Euro muss mindestens zur Hälfte (5.000 Euro) bei Gründung einbezahlt werden, wie bei der GmbH.

Der Vorteil der FlexKapG zeigt sich weniger bei der Gründung selbst, sondern vielmehr in der laufenden Verwaltung und Flexibilität bei Kapitalmaßnahmen oder Anteilsübertragungen.

Es empfiehlt sich, für die Ausarbeitung des Gesellschaftsvertrages der FlexKapG (aber auch einer GmbH) einen spezialisierten Anwalt zu konsultieren. Ein Notar kann zwar die Formalitäten abwickeln, doch nur ein Anwalt, der weiß, worüber später gestritten wird, kann die Gründungsgesellschafter umfassend beraten.
Persönliche Empfehlung: Dr. Lukas Fantur – ein Experte, der genau weiß, worüber später gestritten wird.

Das Mindeststammkapital der FlexKapG beträgt, wie bei der GmbH, 10.000 Euro. Die Stammeinlagen der Gesellschafter müssen mindestens 1 Euro betragen.

Für Unternehmenswertanteile beträgt der Mindestnennbetrag lediglich 1 Cent. 

Die Einführung von Unternehmenswertanteilen ermöglicht es, kleinere Beteiligungen auszugeben, was vor allem für Mitarbeiterbeteiligungen oder strategische Partner attraktiv sein kann. Insgesamt setzt sich das Stammkapital der FlexKapG aus den regulären Geschäftsanteilen und den Unternehmenswertanteilen zusammen. Die Unternehmenswertanteile dürfen maximal 24,99 % des gesamten Stammkapitals ausmachen.

Kapitalmaßnahmen wie Erhöhungen des Stammkapitals können durch bedingtes oder genehmigtes Kapital erfolgen. Diese Regelung, die sonst nur im Aktienrecht zu finden ist, soll es der Gesellschaft erleichtern, schnell und flexibel auf Finanzierungsbedarfe zu reagieren.

Die FlexKapG übernimmt einige Elemente der Aktiengesellschaft, die mehr Spielraum bei Kapitalmaßnahmen bieten. Dazu gehören insbesondere:

  • Erwerb eigener Anteile: Die FlexKapG darf eigene Anteile zurückkaufen, was der GmbH nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erlaubt ist.
  • Bedingtes Kapital: Es ermöglicht der Gesellschaft, Anteile erst dann auszugeben, wenn bestimmte Bedingungen eintreten (z. B. im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen).
  • Genehmigtes Kapital: Die Generalversammlung kann den Geschäftsführern die Befugnis erteilen, das Stammkapital innerhalb eines bestimmten Rahmens zu erhöhen, ohne dass ein erneuter Gesellschafterbeschluss erforderlich ist.

Diese Regelungen erleichtern es der FlexKapG, flexibel auf Finanzierungsbedarfe zu reagieren oder die Gesellschafterstruktur anzupassen. Insbesondere Startups und Wachstumsunternehmen profitieren von diesen Möglichkeiten, da sie ihre Kapitalstruktur schrittweise und bedarfsgerecht gestalten können.

Die FlexKapG führt mit den Unternehmenswertanteilen eine neue Möglichkeit der Beteiligung ein. Diese Anteile bieten innovative Wege, um Mitarbeiter, Investoren oder strategische Partner einzubinden – ohne sie zu klassischen Gesellschaftern zu machen.

  1. Unternehmenswertanteile dürfen maximal 24,99 % des gesamten Stammkapitals ausmachen.
  2. Inhaber solcher Anteile haben kein Stimmrecht, sondern nur eingeschränkte Informationsrechte.
  3. Sie bieten einen Anteil am Bilanzgewinn und Liquidationserlös.
  4. Der Mindestnennwert liegt bei 1 Cent.
  • Für die Übertragung reicht die Schriftform – ein Notariatsakt ist nicht erforderlich.
  • Unternehmenswertanteile werden nicht ins Firmenbuch eingetragen, sondern in einem Anteilsbuch geführt.
  • Es gibt ein Mitverkaufsrecht (Tag-Along-Recht), falls die Gründungsgesellschafter ihre Anteile mehrheitlich veräußern.
  1. Überhöhte Gehälter für unternehmenswertbeteiligte Mitarbeiter verstoßen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr und müssen zurückgezahlt werden.
  2. Unternehmen müssen Mitarbeiter vor dem Erwerb solcher Anteile rechtlich und wirtschaftlich belehren. Versäumnisse können zu Schadenersatzansprüchen führen.
  3. Bei Verstößen gegen die Belehrungspflicht haftet der Geschäftsführer persönlich.

Die FlexKapG kombiniert die Vorteile der GmbH und der Aktiengesellschaft und bietet dadurch Unternehmen ein hohes Maß an Flexibilität:

Kombination der Stärken

  • Von der GmbH: Die FlexKapG übernimmt die Rechtssicherheit und die einfache Verwaltung, die typisch für die GmbH ist.
  • Von der Aktiengesellschaft: Sie integriert Elemente wie das genehmigte Kapital, den Erwerb eigener Anteile und bedingte Kapitalmaßnahmen, die in der GmbH nicht vorgesehen sind.

Flexibilität bei Gesellschafterrechten

  • Gesellschafter können ihr Stimmrecht uneinheitlich ausüben, z. B. bei Treuhandschaften.
  • Unternehmenswertanteile ermöglichen Beteiligungen ohne umfassende Stimm- und Informationsrechte.
  • Die Gewinnverteilung kann flexibel im Gesellschaftsvertrag geregelt werden.

Diese Eigenschaften sollen die FlexKapG attraktiv für Unternehmen machen, die wachsen möchten, aber gleichzeitig eine überschaubare Struktur beibehalten wollen.

Die FlexKapG bringt erweiterte Pflichten für die Geschäftsführung, insbesondere im Umgang mit Unternehmenswertanteilen:

  • Belehrungspflicht: Vor dem Erwerb von Unternehmenswertanteilen müssen Mitarbeiter über die rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen informiert werden (§ 11 FlexKapGG).
  • Haftung: Werden diese Belehrungspflichten verletzt, haftet der Geschäftsführer persönlich. Besonders relevant ist dies bei Verstößen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, etwa bei überhöhten Gehältern für Unternehmenswertbeteiligte.
  • Einhaltung gesetzlicher Vorgaben: Die Gesellschaft ist verpflichtet, ein Anteilsbuch zu führen und regelmäßig eine aktualisierte Namensliste der Anteilseigner beim Firmenbuch einzureichen.

Diese Regelungen sollen Transparenz und Rechtssicherheit schaffen, setzen jedoch eine sorgfältige Umsetzung durch die Geschäftsführung voraus.

Die FlexKapG ist eine moderne Gesellschaftsform, die durch ihre Kombination aus Rechtssicherheit und Flexibilität beeindruckt. Sie bietet Unternehmen innovative Möglichkeiten, wie die Einführung von Unternehmenswertanteilen oder vereinfachte Kapitalmaßnahmen. Dennoch zeigt die zögerliche Annahme dieser Rechtsform, dass Unternehmer und Berater noch Berührungsängste oder Unsicherheiten hinsichtlich der praktischen Anwendung haben. Ob und wann die zögerliche Entwicklung bei der Gründung von Flexiblen Kapitalgesellschaften Fahrt aufnimmt, wird die Zukunft zeigen. Die FlexKapG bietet großes Potenzial, doch es liegt an Unternehmern, Beratern und der Rechtspraxis, dieses Potenzial zu erschließen und auszubauen.

 

  • Flexibilität erfordert Planung: Gerade wegen der vielen Optionen, die die FlexKapG bietet, sind klare vertragliche Regelungen und eine durchdachte Struktur unerlässlich, um Streitigkeiten zu vermeiden.
  • Rechtsberatung ist entscheidend: Die zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten erfordern fundiertes Wissen über potenzielle Risiken, insbesondere bei der Belehrungspflicht und der Einlagenrückgewähr und potenzieller Streitpunkte zwischen den Gesellschaftern.
  • Praxisnähe gewinnt: Unternehmen sollten die FlexKapG nur nutzen, wenn ihre Vorteile – wie Mitarbeiterbeteiligungen oder flexible Kapitalmaßnahmen – auch tatsächlich benötigt werden.

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